Marc Gasol gab den Spielball nicht mehr aus der Hand, Sergio Llull und Rudy Fernandez schnitten in bester Tradition die Netze aus den Körben: Nach einer Demonstration der Stärke hat Spanien zum zweiten Mal den Weltmeistertitel im Basketball geholt, und Asien erwies sich dabei erneut als gutes Pflaster.
13 Jahre nach dem Triumph in Japan setzte sich das Team um NBA-Champion Gasol von den Toronto Raptors beim Finale in der chinesischen Hauptstadt Peking mit 95:75 (43:31) gegen Argentinien durch. "Es ist großartig. Ich kann es noch nicht richtig fassen. Wir sind in einer emotionalen Blase", sagte Spaniens Trainer Sergio Scariolo nach dem Titelgewinn am Sonntag (15.09.2019) und scherzte: "Es kann nur schlechter werden. Eigentlich muss ich aufhören."
Scariolo und Gasol auch NBA-Champions
Scariolo war gemeinsam mit Gasol als Co-Trainer der Raptors in der NBA Meister geworden. "Wir haben es geschafft", freute sich Ricky Rubio, mit 20 Punkten Topscorer des Finales und wertvollster Spieler (MVP) des Turniers. Während die Spanier mal wieder feiern durften, muss Argentinien weiter auf seine zweite Goldmedaille warten. Die Südamerikaner hatten 1950 bei der ersten WM-Auflage zu Hause in Buenos Aires gesiegt. Diesmal blieb nur die Zuschauerrolle, als Fernandez die neue Naismith Trophy in die Höhe reckte.
Gasol feierte einen ganz besonderen Erfolg: Dem Center gelang es als zweitem Spieler, im gleichen Jahr den NBA- und den Weltmeistertitel zu gewinnen. Zuvor war dies nur 2010 Lamar Odom mit den Los Angeles Lakers und den USA gelungen.
Argentiniens Offensive zu harmlos
Argentinien um den flinken Spielmacher Facundo Campazzo brachte seine Offensive in der Anfangsphase überhaupt nicht ins Rollen. Die hellwachen Spanier, die zwei Tage zuvor Australien im Halbfinale nach zweimaliger Verlängerung niedergekämpft hatten (95:88), nutzten die Schwäche konsequent aus und verschafften sich schnell ein Polster (14:2). Nach einer Auszeit von Trainer Sergio Hernandez zeigten die Südamerikaner kurzzeitig ihr Potenzial, ließen den Gegner nach dem Zwischenspurt aber wieder davonziehen.
"Wir haben nicht die größten und nicht die athletischsten Spieler. Deshalb müssen wir klug agieren", hatte Hernandez vor dem Endspiel gesagt. Es funktionierte überhaupt nicht. Spanien dominierte bei den Rebounds, verteidigte stark und zwang die Argentinier zu schwierigen Würfen. Der dreimalige Europameister um die Routiniers Gasol und Rudy Fernandez (beide 34 Jahre), die bereits beim ersten WM-Triumph dabei gewesen waren, überzeugte mit einer geschlossenen Teamleistung.
Spielkontrolle durch die Routiniers
Auch nach der Pause fanden die im bisherigen Turnierverlauf ungeschlagenen Argentinier überhaupt kein Mittel. Der langjährige NBA-Profi Luis Scola (39), der im Viertelfinale gegen Vizeweltmeister Serbien mit 20 und im Halbfinale gegen Frankreich mit 28 Punkten geglänzt hatte, war kaum ein Faktor. Die erfahrenen Spanier kontrollierten das Spiel, schon lange vor der Schlusssirene war die Partie entschieden.
Für die Spanier war es das fünfte Gold und die insgesamt achte Medaille bei einem Großereignis in den vergangenen 15 Jahren. Dreimal gewannen sie in dieser Zeit die Europameistreschaft (2009, 2011, 2015) und holten einmal Silber (2007), dazu kommt zweimal Silber bei Olympischen Spielen (2008, 2012). Vor dem Endspiel hatte Frankreich wie vor fünf Jahren Bronze geholt. Im kleinen Finale setzte sich der frühere Europameister mit 67:59 (21:30) gegen Australien durch. Die "Boomers" schafften es auch bei der 18. WM nicht, ihre erste Medaille zu holen.
Historisch schlechtes Abschneiden der USA
Das Viertelfinal-Aus bei der Basketball-WM in China passt überhaupt nicht ins Selbstverständnis der USA. Nach einer weiteren Niederlage im Platzierungsspiel wird das Team historisch schlecht abschneiden. Für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio werden die Rufe nach den Superstars lauter.
"Debakel", "Weckruf", "Quittung" - das mediale Echo auf den krachenden K.o. des Teams USA fiel deutlich aus. Zum Selbstverständnis als Basketball-Supermacht passt das Viertelfinal-Aus bei der WM in China so gar nicht. "Das Leben geht weiter", hatte Trainer Gregg Popovich nach der 79:89-Pleite gegen Frankreich gesagt. Für den ursprünglichen Turnierfavoriten ging es am Donnerstag (12.09.2019) mit der zweiten Niederlage binnen 24 Stunden weiter: Diesmal setzte es ein 89:94 (40:44) gegen Serbien.
"Zerrissenes amerikanisches Team"
Den bisherigen Tiefpunkt in der WM-Historie aus dem Jahr 2002 mit Rang sechs werden die USA in Fernost noch einmal unterbieten, eine Partie steht am Samstag noch an. Doch die große Frage, die auch die sportaffine Öffentlichkeit zwischen New York und Los Angeles bewegt, ist: Wie geht es weiter für das Aushängeschild des Basketball-Mutterlandes? Kehren nach dem Ende der 58 Siege währenden Erfolgssträhne bei FIBA- und Olympiaturnieren zu den Sommerspielen in Tokio Superstars wie LeBron James, Steph Curry oder James Harden zurück?
"Von der WM bleibt vor allem ein Weckruf", schrieb "ESPN": "Amerikas Topspieler müssen ihre Pläne für den kommenden Sommer überdenken. Die Welt ist mittlerweile voll von Nationalmannschaften, die ein zerrissenes amerikanisches Team entlarven können."
WM für Stars zu unattraktiv
Vor dem Start der Vorbereitung im August hatte es für Popovich Absagen gehagelt. Zu unattraktiv schien den Topspielern die WM ein Jahr vor Olympia, das eine stärkere Anziehungskraft ausübt. Zu groß war die Sehnsucht nach einer Pause vor dem Beginn der nächsten kraftraubenden Saison im Millionenzirkus in Übersee. Übrig blieben am Ende zwölf NBA-Profis, die nicht zur absoluten Elite gehören. "Zu sagen, dies ist ein B-Team, ist eine Untertreibung", schrieb "USA Today". In China spielt eher ein C-Team - und das reicht auf internationalem Level nicht mehr.
Die USA wirkten spätestens nach der Niederlage im Testspiel in Australien verwundbar, dann brauchte Popovichs Team in der Vorrunde eine Verlängerung gegen die Türkei, die das Turnier letztlich als 22. abschloss. Im K.o.-Duell war Deutschland-Bezwinger Frankreich, angeführt vom überragenden NBA-Profi Rudy Gobert, strukturierter, stärker. Das Level des europäischen Topteams war für einige US-Profis offenbar erstaunlich, dabei hatten die Amerikaner schon 2016 in Rio mit Kevin Durant, Kyrie Irving und Carmelo Anthony nur knapp (100:97) gegen die "Equipe Tricolore" gewonnen.
Keine weitere Pleite erlaubt
Nun räumte US-Profi Joe Harris ein, dass der Gegner die Partie von Beginn an dominiert hatte. Und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, laut eigenen Angaben ein "stolzer Anhänger" von "Les Bleus", kann auf das Halbfinale gegen Argentinien am Freitag hinfiebern.
Für Popovich, der in der NBA seit Urzeiten (1996) die San Antonio Spurs betreut, gilt es in den Platzierungsspielen dagegen, weitere Niederlagen zu vermeiden. Sein Start als Chefcoach erinnert schon jetzt an seine enttäuschende Zeit als Assistent beim Team USA von 2002 bis 2004 mit Platz sechs bei der WM und Olympia-Bronze.
Basketball-WM - Spanien krönt sich zum Weltmeister.
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WM 2019
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