RSS

Vlade Divac und Drazen Petrovic - Fremde über Nacht

Der Kroate Drazen Petrovic und der Serbe Vlade Divac waren eng befreundet. Dann entzweite der Krieg auf dem Balkan die Basketball-Nationalspieler. "Wir reden, wenn das Ganze aufhört", sagte Petrovic. Doch dazu kam es nie.

Diese Sporthalle war nie so voll. „Bis zum letzten Platz ist hier alles besetzt, die Atmosphäre ist grandios“, sagt der jugoslawische Kommentator aufgeregt. Dabei hat das Spiel noch nicht einmal begonnen. Es ist der 25. Juni 1989. Jugoslawien spielt im Finale der Basketball-Europameisterschaft gegen Griechenland. Es verspricht ein spannendes Spiel zu werden, die Griechen haben zwei Jahre zuvor erstmals den EM-Titel gewonnen. Der Druck auf die jugoslawische Mannschaft in Zagreb ist ebenfalls groß. Am Ende gewinnt sie überlegen mit 98:77. Die Halle tobt, „Jugoslavija, Jugoslavija“, skandiert das Publikum. Früh gehen die Jugoslawen in Führung.

Der Kommentator ist zufrieden: „Diese Mannschaft, diese goldenen Jungs, sie setzen die Gesetze der Physik außer Kraft. Mit dieser Generation können wir alles gewinnen. Sie müssen nur immer so spielen wie heute.“ Drazen Petrovic und Vlade Divac sind da in ihrer Bestform. Sie sind zwei Legenden des jugoslawischen Basketballs, der Kroate Drazen und der Serbe Vlade. Zwei Spieler, deren gemeinsamer Weg in Freundschaft begann.

Fast ein Vierteljahrhundert später sitzt Vlade Divac in einem Belgrader Café und schaut auf ein vergilbtes Bild. „Das ist unser Gruppenfoto kurz nach dem Spiel. Das war unsere Mannschaft – wir waren Serben, Kroaten, Slowenen und Bosnier.“ Die „Goldenen Jungs“, so wird die Mannschaft um Vlade Divac und Drazen Petrovic genannt. Sie kommen aus allen Ecken des Vielvölkerstaates. Die Unterschiede in Religion und Nationalität haben zu jener Zeit im Sport keine Bedeutung. Ihr Leben ist der Basketball. „Sie waren unzertrennliche Freunde, der Sport hat sie zusammengebracht, sie sind gemeinsam damit aufgewachsen. Und überhaupt, das war eine Generation sehr talentierter Spieler und großer Freunde“, sagt ihr langjähriger Trainer Dusan Ivkovic. Wehmütig erinnert er sich an die Feier nach dem gewonnenen Finale: „Es waren große Emotionen. Die Leute haben uns geliebt, keiner hat nach der Nationalität der Spieler gefragt. Das war irrelevant für uns. Wir waren Sportler.“

Es war egal, woher sie kamen, wer sie waren. Sie spielten für Jugoslawien, für sich. Es war ihre Zeit – eine Zeit, die keine Grenzen kannte: 1989 wechselte Vlade zu den Lakers nach Los Angeles, im selben Jahr ging auch sein Freund Drazen zu den Trailblazers nach Portland. Die NBA war ein gelebter Traum für alle jugoslawischen Basketballprofis. Und das Ergebnis harter Arbeit, wie Vlade erzählt: „Alles was Drazen erreicht hat, hat er sich hart erarbeitet. Er war unser großes Vorbild, vor allem, was den Arbeitseifer anging. Er war einer der besten Drei-Punkte-Werfer in Europa und Amerika – bis heute zählt er zu den Besten.“ Eine Ehrung eines großen Basketballers und engen Freundes.

Die Anfangszeit in den USA war eine besondere für die beiden Basketballer vom Balkan: Sie freuten sich über die Erfolge des anderen und gaben sich seelischen Beistand bei Niederlagen. Weit weg von Zuhause hat ihnen die Freundschaft Halt gegeben. Und ein Gefühl von Heimat. Doch diese gemeinsame Heimat begann zu bröckeln. Wenig später wurde sie von einem blutigen Krieg gesprengt. Sie existierte auf einmal nicht mehr.

„Drazen und Vlade waren am Anfang ihrer NBA-Zeit im ständigen Kontakt. Sie haben sich gegenseitig geholfen und beruhigt“, erinnert sich die Mutter von Drazen. Dann kam der Krieg in Jugoslawien, und dieser ruinierte ihre Freundschaft. Sie waren sich nicht mehr so nah, haben sich nur noch förmlich begrüßt und haben nicht mehr viel miteinander gesprochen. „So zerbrach ihre Beziehung, wie alles andere hier auch. Es war weder Drazens, noch Vlades Schuld“, sagt Drazens Mutter. Auch der Fernsehsender ESPN hat das Auseinanderbrechen der Freundschaft in der Dokumentation „Once Brothers“ eindrucksvoll dokumentiert.

  • Digg
  • Del.icio.us
  • StumbleUpon
  • Reddit
  • RSS

0 commentaires: